Frage:
Ich suche zu alten Volksliedern Gitarrengriffe bzw. eine Möglichkeit, sie selbst herauszufinden. Wie finde ich heraus welcher Akkord zu welcher Notenfolge passt? Gibt es da einfache Methoden oder Formeln?
Antwort:
Selbstverständlich gibt es Regeln, mit denen sich die richtigen Akkorde zu einer Melodie herausfinden lassen, bzw. mit denen man eine Melodie harmonisieren kann. Eine eingehende Betrachtung dieses Themas würde an dieser Stelle zu weit führen, da hierfür etwas musiktheoretisches Vorwissen nötig wäre. Ein paar Tipps kann ich Dir aber dennoch geben, mit denen Du die Akkorde für so manches Lied herausfinden kannst.
Wie Du vielleicht festgestellt hast, kann man sehr viele Lieder schon mit nur zwei Akkorden begleiten. Diese Akkorde heißen in der Harmonielehre Tonika und Dominante. Die Tonika ist der Akkord, der mit dem Namen der Tonart übereinstimmt. Bei einem Stück in der Tonart C-Dur ist der C-Dur-Akkord also auch die Tonika. Es ist also der Akkord (bzw. Dreiklang), der sich auf der I. Stufe der Tonleiter befindet. Auf der V. Stufe der Tonleiter befindet sich die so genannte Dominante. In der Tonart C-Dur wäre das also der G-Dur-Akkord. Ihr Name kommt vom lateinischen dominare (beherrschen). Sie herrscht sozusagen über die Tonika, weil die Dominante in der klassischen Harmonielehre die Rückkehr in die Tonika erzwingt. Man spricht auch davon, dass sich die Dominante in die Tonika auflöst. Die Dominante erscheint oft auch als Septakkord (in C-Dur also G7).
Hast Du ein Lied vor Dir liegen, müsstest Du zuerst einmal herausfinden, in welcher Tonart dieses steht. Die Tonart erkennst Du an den Vorzeichen, die hinter dem Notenschlüssel notiert sind. Falls Du Dich hier nicht so gut auskennst, nimm Dir einfach einen Quintenzirkel zur Hilfe: Download Quintenzirkel als pdf-Datei
Vergleiche nun, wie viele Kreuz- oder B-Vorzeichen am Anfang des Stückes stehen und mit welcher Tonart des Quintenzirkels dies übereinstimmt. Stehen z.B. drei Kreuzvorzeichen am Anfang des Stückes, so steht das Stück höchstwahrscheinlich in der Tonart A-Dur. Gehst Du im Uhrzeigersinn eine Tonart weiter, findest Du mit dem Quintenzirkel immer die zur Tonika passende Dominante. Die Dominante zu A-Dur ist also E-Dur. Jetzt heißt es ausprobieren. Versuche mit Tonika und Dominate das Lied zu begleiten. Meist beginnen und enden Lieder übrigens mit der Tonika!
Neben den beiden so genannten Hauptfunktionen Tonika und Dominante gibt es mit der Subdominante noch eine Dritte. Die Subdominante steht auf der vierten Stufe der Tonleiter (lat. sub: unter), man kann sie aber auch wieder ganz einfach mit Hilfe des Quintenzirkels herausfinden, indem man gegen den Uhrzeigersinn, ausgehend von der Tonika, eine Tonart weiter geht. Die Subdominante von C-Dur ist beispielsweise F-Dur. Wenn Du bei Deinen Begleitversuchen also nicht mit Tonika und Dominante weiter kommst, dann versuche ob die Subdominante passt.
Sollte Deine Begleitung dauerhaft schräg klingen, könnte es daran liegen, dass das Lied in der so genannten parallelen Molltonart steht. Zu jeder Durtonart gibt es eine Molltonart mit derselben Anzahl an Vorzeichen. Die parallele Molltonart zu C-Dur ist demnach a-moll. In unserem Beispiel A-Dur wäre es fis-moll. Im Quintenzirkel ist die parallele Molltonart immer jeweils gegenüber der entsprechenden Dur-Tonart notiert.
Um Begleitungen noch interessanter zu gestalten, kann man die Hauptfunktionen (Tonika, Subdominante, Dominante) hin und wieder durch die so genannten Parallelklänge ersetzten. Die Parallelklänge stehen im Quintenzirkel den Hauptfunktionen gegenüber. C-Dur kann man z.B. durch a-moll, F-Fur durch d-moll, G-Dur durch e-moll usw. ersetzten. Sollte Dir Deine Begleitung zu langweilig werden, experimentiere einfach einmal mit den Parallelklängen herum.
Selbstverständlich lassen sich mit diesem Basiswissen noch längst nicht alle Lieder begleiten. Spätestens wenn so genannte Modulationen (Tonartwechsel) oder einfache Zwischendominanten auftauchen, sind Dir vorerst noch Grenzen gesetzt. Selbstverständlich braucht es auch ein wenig Geduld und Ausdauer, bis das Gehör so gut geschult ist, dass es in kurzer Zeit erkennt, welcher Akkord an welcher Stelle passt. Mit diesem Basiswissen hat man die Möglichkeiten aber schon stark eingegrenzt, so dass man nicht mehr ganz im Dunkeln “herumstochert”. Mit ein wenig Übung solltest Du aber bald zu einem sehr großen Repertoire an Liedern die Begleitakkorde herausfinden können.
Und wenn Du merken solltest, dass es partout nicht mehr weitergeht, dann gibt es ja immer noch die Möglichkeit, sich ein wenig intensiver mit Harmonielehre und Melodieanalyse auseinander zu setzen.