Wenn vom Amadeus Guitar Duo die Rede ist, dann wird meist in Superlativen gesprochen. Da liest man von den „Copperfields der Gitarrenszene“ (Akustik Gitarre, 1998), „einem der innovativsten Duos der Welt“ (Gitarre & Laute) oder „einem der besten Duos überhaupt“ (Musikblatt, 1998). Komponisten wie Carlo Domeniconi, Roland Dyens, Jaime Mirtenbaum Zenamon oder Harald Genzmer ließen sich von Dale Kavangh und Thomas Kirchhoff zu Werken inspirieren. Im renommierten Klassik-Label “hänssler classic” ist in den letzten Jahren eine Reihe hervorragender CDs erschienen, die sowohl durch makellose Interpretationen als auch durch ihren Repertoirewert überzeugen.
Das Interview führte Christian Moritz.
Christian Moritz: Wie erklärt sich eigentlich der Name Eures Duos?
Thomas Kirchhoff: Er klingt gut, kann von jedem in jedem Land ausgesprochen werden und die meisten Menschen verbinden mit Amadeus (Mozart) etwas Positives, etwas Schönes.
C. M.: Wann habt Ihr mit dem Duospiel begonnen und wie habt Ihr Euch kennen gelernt?
Dale Kavanagh: 1991 hat Thomas mich angerufen und mir 40 Konzerte angeboten – da konnte ich nicht nein sagen, obwohl ich nach wie vor sehr! gerne Solo spiele. Wir haben dann nach drei Monaten Probe die ersten Konzert gehabt (auch schon mit Orchester) und mittlerweile sind über 500 in 40 Ländern daraus geworden.
C. M.: Es ist mir kein Gitarrenduo bekannt, dass so oft mit Orchester konzertiert wie Ihr. Worin liegt für Euch der besondere Reiz an der Arbeit mit Orchestern?
T. K.: Ich glaube ich kann sagen, dass das meine Idee war… ich denke jedes Duo, oder auch jeder Interpret sollte sich eine Nische suchen und das Spiel mit Orchester ist sicher unsere Nische als Duo. Wir lieben es mit anderen zusammenzuspielen und die Literatur (die wir durch Aufträge ja auch laufend zu erweitern suchen) liegt uns und reizt uns.
C. M.: Benutzt Ihr bei Auftritten mit Orchester eigentlich einen Verstärker? – Wenn ja, welches Equipment nutzt Ihr?
D. K.: Wir spielen seit 10 Jahren das System von Stephan Schlemper und gerade jetzt hat er ein neues, noch viel besseres System entwickelt, das mit seinem sehr natürlichen Sound echt überzeugt. Es funktioniert bis zu einer Saalgröße von 2000 Personen und Orchesterstärke von 80-90 Mann. Ich kenne kein besseres und keines, das leichter und einfacher zu bedienen wäre.
C. M.: Befruchtet die Zusammenarbeit mit Dirigenten und Orchestern Euer Duospiel?
T. K.: Sicher, es gibt schon einige Dirigenten, die uns auf neue Ideen bringen. Wir spielen z. B. sehr viel mit Hermann Breuer zusammen (Dirigent der Thüringen Philharmonie) oder Hans-Horst Bäcker (Dirigent der Internationalen Philharmonie) – beides sehr unterschiedliche Dirigenten, aber beide geben uns andere Impulse. Der eine besonders viel Ruhe, der andere viel Energie. Ganz unterschiedlich eben.
C. M.: Wollt Ihr in Zukunft weiter primär mit Orchestern arbeiten oder plant Ihr in Zukunft auch wieder für die kammermusikalische Duo-Besetzung?
T. K. und D. K.: Wir setzten sicher auch in Zukunft vor allem auf die Arbeit mit Orchester. Ohne jetzt prahlen zu wollen, aber wir haben schon jetzt 18 Werke für 1, 2 und 4 Gitarren im Programm, die wir fast alle regelmäßig spielen – viele Werke davon für uns geschrieben (Dyens, Domeniconi, Zenamaon, Jost, Genzmer, Garcia) und ein weiteres folgt jetzt. Gheorge Zamfir schreibt gerade ein Konzert f. Panflöte, 2 Gitarren und Orchester für uns, das wir im Januar zusammen mit Rodrigos Gentilhombre und dem neuen Gerald Garcia Konzert aufnehmen werden.
Dann wird der ehemalige Henze-Schüler Martin Herchenröder eine Konzert f. 2 Gitarren und großes Orchester für uns schreiben – das erste mal etwas mehr Avantgarde, denn die anderen Konzerte gehören ja eher der gemäßigten Moderne an.
C. M.: Könnt Ihr Euch eigentlich noch durch alle Stücke durchspielen, die Ihr angeboten bekommt?
D. K.: Nein, sicher nicht, denn wir bekommen wirklich fast wöchentlich ein Duo- oder Solostück angeboten. Wir schauen viel an, aber wenn wir ein Stück aufnehmen spielen wir es auch 50 mal und so können wir natürlich nicht zu oft wechseln….
C. M.: Bei Euren Projekten „Spanish Night“ und „Guitar Gala Night“ habt Ihr mit dem Eden-Stell – Duo zusammengespielt. Könnte sich daraus auch ein festes Ensemble entwickeln?
T. K.: Leider haben wir die Zusammenarbeit beenden müssen. Die beiden wollten lieber wieder einen eigenen Duoweg gehen, was wir verstehen können. Es hat sehr viel Spaß gemacht und wir haben produktiv gearbeitet. Jetzt spielen wir die Spanish Night mit Ivo und Sofia Kaltchev zusammen, eine Zusammenarbeit auf die wir uns sehr freuen, denn die beiden sind natürlich echt weltklasse und kommen eigentlich unserem Spiel (mit einem festen, kräftigen Ton) näher! Wir machen auch noch ein anderes Projekt „Viva Vivaldi“ mit 5 Konzerten für 1, 2 und 4 Gitarren und Streichorchester (zusammen mit der Capella Istropolitana) von Antonio Vivaldi mit Frank Gerstmeier und Nora Buschmann.
C. M.: Euren Lebensmittelpunkt hattet Ihr vorübergehend nach Kanada verlagert. Warum seid Ihr doch wieder nach Deutschland zurückgekehrt? Ist die Szene hier besser?
D. K.: Leider sind die Möglichkeiten Konzerte in unserem Genre zu geben in Europa einfach besser, außerdem haben wir beide einen Lehrauftrag an der Musikhochschule in Dortmund. Aber wir vermissen Kanada sehr!!! Glücklicherweise spielen wir 1-2 mal im Jahr ausgedehnt in Kanada und den USA.
C. M.: Dale, Du bist ja eigentlich bekannt für Deine Vorliebe für Neue Musik. Jetzt hast Du auf Deiner CD „Reverie“ nur klassisches Repertoire von Regondi, Diabelli, Giuliani und Paganinni eingespielt. Wie kam es zu dieser überraschenden Zusammenstellung?
D. K.: Musste einfach sein – schöne Musik, will einfach gespielt sein. Ich möchte auch in keine Schublade, obwohl ich natürlich die Komponisten wie Zenamon, Domeniconi, Dyens besonders schätze.
C. M.: In letzter Zeit bekommt man oft zu hören, dass das Interesse an der Gitarre sinkt. Erlebt Ihr das auch so? Die Hochschulen sollen ja z.B. geradezu um die wenigen Bewerber kämpfen müssen.
T. K. und D. K.: Können wir nun wirklich nicht bestätigen. Sowohl nicht an der Hochschule (wesentlich mehr Bewerbungen als wir nehmen dürfen) als auch bei unserem Festival. 250! Anmeldungen hatten wir da dieses Jahr – ich glaube, das ist Beweis genug, dass es noch lange nicht bergab geht mit der Gitarre.
C. M.: Vielerorts wird beklagt, dass den Studenten nicht die nötigen Selbstvermarktungsstrategien mit auf den Weg gegeben werden, um später im Musik-Business zu bestehen. Glaubt Ihr, man sollte dies im Studium stärker berücksichtigen? Wie wichtig ist die Selbstvermarktung für eine erfolgreiche Karriere?
T. K.: Mal ganz eigennützig – ist ja nicht so schlecht, dass nicht alle spielen…..Nein, aber im Ernst, ich denke, wer es schaffen will und das Talent hat, wird es schaffen. Mit oder ohne Managementkenntnissen. Ist meine Erfahrung.
C. M.: Was würdet Ihr Gitarristen mit auf den Weg geben, die gerade mit dem Duospiel beginnen?
D. K.: Üben und viel anhören und anschauen. „Genie stiehlt“ hat doch mal Picasso gesagt…..
C. M.: Wie wichtig waren Eure eigenen Lehrer Oscar Ghiglia und David Russell für Eure jeweilige Entwicklung?
T. K. und D. K.: Beide extrem wichtig und auch bis heute Vorbilder in jeder Hinsicht!
C. M.: In Iserlohn habt Ihr eines der größten und angesehensten Gitarrenfestivals etabliert. Wie erklärt Ihr Euch den großen und dauerhaften Erfolg des „Gitarrensymposions Iserlohn“?
T. K.: Wir bieten für relativ wenig Geld – 400 Euro für 8 Tage (im Vergleich mit anderen großen Festivals) ein riesiges Programm (sehr viel Unterricht – über 600 Stunden dieses Jahr, gute Unterbringung und sehr gute Verpflegung (4 Mahlzeiten), 12 Konzerte, Ensemble, Technik-Klassen, 28 Dozenten und sehr viel gute Laune – jede Menge Jokes und Party, keine steife Veranstaltung. Wirklich internationale Beteiligung (35 Länder dieses Jahr) – keinen Wettbewerb, der der Hälfte der Teilnehmer aus irgendwelchen Gründen die Laune verdirbt und ich glaube die Leute merken, dass wir mit Ihrem Geld selbst nichts verdienen und wirklich etwas Gutes anfangen.
C. M.: Ist es nicht schwer, sich auf Dauer an der Spitze zu halten, neue Projekte zu organisieren und regelmäßig CDs abliefern zu müssen? Bemerkt Ihr manchmal Ermüdungs- bzw. Abnutzungserscheinungen an Euch oder empfindet Ihr Euer Musikerleben immer noch als genauso spannend und aufregend wie am Anfang?
T. K. und D. K.: Ganz ehrlich, nein, keine Ermüdungserscheinungen – wir haben noch ‚ne Menge Ideen für die Zukunft und es gibt keinen schöneren Beruf.
C. M.: Welches Projekt verfolgt Ihr zur Zeit und wie sehen Eure Wünsche und Pläne für die Zukunft aus?
T. K.: Wie gesagt die Spanish Night Nr. 2 mit dem Zamfir-Konzert, dann das Herchenröder Konzert, dass uns wieder mit ganz anderen Orchester zusammenführen wird, eine Barock Duo CD und eine Etüden-Solo CD von Dale. Dann das Festival weiter ausbauen mit neuen Kompositionsaufträgen. Danach… na da kommt schon noch was. Schaun wir mal.
C. M.: Vielen Dank für dieses kurzweilige Interview!
Weitere Informationen:
www.amadeusduo.com
www.kavanagh.de
Diskographie:
Amadeus Guitar Duo play Bach/Busoni/Dodgson/Domeniconi/Zenamon
“Mediterraneo” – Concertos for 2 guitars and Orchestra by Domeniconi and Genzmer
Amadeus Guitar Duo & Eden-Stell-Duo
“Spanish Night” – Three Concertos for 1, 2 and 4 Guitars and Orchestra by Rodrigo.
“Hommage” – Concertos for 2 Guitars and Orchestra by Domeniconi, Zenamon and Dyens
Amadeus Guitar Duo & Eden-Stell-Duo
“Guitar Gala Night” – Bach, Scarlatti, Giuliani, Kavanagh, Bellinati
Dale Kavanagh
“Toccata in Blue” Domeniconi, Zenamon, Kavanagh
Dale Kavanagh
“20th Century Variations” Domeniconi, Ponce, Britten
Dale Kavanagh
“Lyrical and virtuosic guitar Music” by Berkeley, Villa-Lobos, Zenamon
Dale Kavanagh
“Réverie” Diabelli, Giuliani, Regondi, Paganini