“Walking On The Water” ist die Debüt-CD des Gitarristen Ingo Schneider. Studiert hat der 1966 geborene Osnabrücker bei Wolfgang Lendle, dessen Unterricht er wohl auch seine brillante Spieltechnik verdanken dürfte. Das Spiel Schneiders klingt angenehm unangestrengt. Auch schwierigste Passagen und hohe Tempi meistert er mühelos. So wird Johann Sebastin Bachs berühmte “Ciaccona aus der Violinen Partita BWV 1004” zu einem echten Hörgenuss. Aber auch musikalisch und gestalterisch hat Schneider einiges zu sagen. Bei seinen Interpretationen klingt nichts zufällig. Schön die sehr musikantische Agogik in den von Francisco Tarrega stammenden Titeln “Vals”, “La Mariposa”, “Alborada” und “Capricho Árabe”.
Besonders auffällig ist die spannungsreiche und bestimmte Phrasierung Schneiders. Auch die dynamische Gestaltung und den Umgang mit Klangfarben kann man als äußerst delikat bezeichnen. Letzteres wird schon beim Erklingen der ersten Töne des titelgebenden Stücks “Walking On The Water” von dem amerikanischen Komponisten Larry Cooperman erlebbar. Dem interessanten und schön gestalteten Booklet der CD ist folgendes über dieses Stück zu entnehmen: “Die wichtigste Inspiration zu “Walking On The Water” des amerikanischen Komponisten lieferte die Endszene des Filmes von J. Kosinsky “Being There”. In dieser Schlusssequenz steht der Hauptdarsteller – ein alter Gärtner – am Rande eines Teiches und überquert diesen schließlich auf dem Wasser gehend.” Eindrucksvoll zeichnet Schneider die Programmatik dieser Szene nach. Anfangs schaffen die tranquillo vorgetragenen jazzigen Harmonien, die durch einige wenige Töne in der Oberstimme miteinander verbunden werden, eine nachdenkliche kontemplative Stimmung. Im weiteren Verlauf sorgen fließende Arpeggiopassagen dafür, dass man vor dem inneren Auge assoziieren kann, wie der alte Mann mehr über das Wasser schwebt als geht.
Das eingespielte Repertoire ist für eine Debüt-CD ansonsten durchaus charakteristisch, handelt es sich doch in erster Linie um bekannte und oft gespielte “Gitarrenhits”. Neben den schon genannten Werken gibt es noch die “Rêverie 0p.19” von Giulio Regondi, die von dem Italiener Carlo Domeniconi komponierte musikalisch-mystische Legende “Koyunbaba” und den beliebten “Tango en Skai” des aus Tunesien stammenden Gitarristen Roland Dyens zu hören. Aufgrund der originären Interpretationen Schneiders werden aber auch erfahrene Hörer*innen ihre Freude an dieser CD haben. Gespannt darf man auch auf die zukünftigen Einspielungen von Ingo Schneider warten. Mit dem vorliegenden Tonträger hat der Musiker Kompetenz und internationale Klasse unter Beweis gestellt. Nun kann er frei darangehen, sein eigenes musikalisches Profil zu präsentieren.