Für ihre erste im Jahr 2001 erschienene CD, mit der Gesamteinspielung der Vier Jahreszeiten von Antonio Vivaldi, ist das Barrios Guitar Qartet von der Presse einmütig gefeiert worden. So ein fulminanter Erstling erzeugt selbstverständlich eine gewisse Erwartungshaltung, die in der Vergangenheit schon so manche Künstler*in verzweifeln ließ. Nicht selten, dass nach einer verheißungsvollen Debüt-CD nichts gleichwertiges mehr nachfolgte. Mit großer Spannung konnte man also auch der neuen Einspielung des in Frankfurt beheimateten Barrios Guitar Quartet entgegen sehen.
Um es gleich vorweg zu nehmen, es ist mehr als erfreulich, was die Gitarristen Heinz Strobel, Martin Wenzel, Bernd Maier und Manfred Fischer mit “Two Timing” hier nachlegen. Sehr erfrischend ist schon das komplett andere Repertoire dieser Aufnahme. Das Quartett verfällt nicht der Versuchung auf der Erfolgsschiene ihrer “Four Seasons” weiter zu reisen, sondern überrascht mit Eigenkompositionen und Musik, die um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert geschaffen wurde.
In einem Punkt bleiben sich die vier kreativen Köpfe vom Barrios Guitar Quartet dabei aber treu, denn auch mit den Titeln dieser CD bereichern sie die Gitarrenliteratur für ihre Besetzung. Mit Alban Bergs “Vier Stücken für Klarinette und Klavier Op. 5”, Claude Debussys “Petite Suite pour piano à quatre mains” und den “Sechs kleinen Klavierstücken Op. 19” von Arnold Schönberg präsentieren sie feine und qualitativ hochwertige Arrangements. Wäre es nicht allgemein bekannt, dass von diesen Komponisten keine Werke für Gitarren-Quartett existieren, könnte man denken es würde sich um Originalwerke handeln.
Mehr noch als die Arrangements beeindrucken aber die Eigenkompositionen des Ensembles, in denen sie die Grenzen zwischen E- und U-Musik verschwimmen lassen. Hier können sich die Zuhörenden davon überzeugen, das Heinz Strobel mit dem dreisätzigen Stück “Two Timing” nicht zufällig Preisträger beim Kompositionswettbewerb “Paolo Barsachi” 2001 in Italien wurde. Der Komponist zeichnet hier kompositorisch seine eigene musikalische Vita nach, so dass auch viele populäre Stilrichtungen Eingang in das äußerst abwechslungsreiche aber formal klar strukturierte Werk gefunden haben.
Bei der Komposition “Merge” handelt es sich um eine Gemeinschaftsproduktion von Strobel, Maier und Wentzel, die mit Einflüssen aus persischer und indischer Musik aufwartet. Dabei wird insbesondere das Spiel mit dem weiten Spektrum an Klangfarben ausgelotet, die auf der Gitarre auch mittels Präparierung des Instruments erzeugt werden können.
Selbstverständlich hat nicht nur das Repertoire dieser CD etwas zu bieten. Mit dem schon auf “Four Seasons” bewiesenen musikalischen Ausdrucksvermögen musiziert das Quartett auch dieses mal ohne technische Barrieren und zeigt dabei, dass es keinen Vergleich zu scheuen braucht. Alles klingt so frisch und unverbraucht, das man schon jetzt mit Freude der nächsten Veröffentlichung entgegen sieht.
Mit “Two Timing” ist dem Barrios Guitar Quartet ein weiterer großer Wurf gelungen!
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